Manchmal reicht ein toter Fisch zum puren Glück

toter Fisch

Ein toter Fisch als größtes Glück? Geschmacksache.

MEINE LIEBE,

ich habe meinem Sohn folgende Frage gestellt: „Welches war Dein tollstes Erlebnis, das Du jemals hattest?“
(Jemals sind in seinem Fall acht Jahre.)

Die Antwort: „Als ich ganz alleine den riesen Fisch in Norwegen gefangen habe.“

Dass ich daneben stand und dass ich es war, die dem Fisch hinterher die glitschigen Gedärme mit klammen Fingern bei gefühlten 5 Grad und Nieselregen im August aus dem schuppigen Leib geschnitten hat, DAS hat er völlig vergessen.

Und das ist auch gut so.

Wenn ich mich an meine eigene Kindheit erinnere, dann denke ich an viele großartige Dinge: Hüttenbauen, Kühestreicheln, vom Heuboden springen, Klingelstreiche, Bandenspiele…
Meine Eltern spielen in diesen Erinnerungen fast keine Rolle. Sie waren halt da und oft haben sie gestört (Wie ich muss schon rein, nur weil ich seit sieben Stunden draußen bin und es dunkel ist?)

Warum glauben wir Mütter heute, dass wir im Leben unserer Kinder eine so wahnsinnig wichtige Rolle spielen? Weil wir ihnen permanent irgendwelche Aktivitäten aufdrängeln und  sie damit total vereinnahmen?  Wär ja auch schlimm, wenn sich das Kind mal ne Sekunde langweilen würde.
Es könnte ihm Unsinn einfallen… und es könnte bei der Durchführung dieses Unsinns eventuell noch Spaß haben. Und das OHNE MICH???

Das muss verhindert werden.
(Und wenn uns gar nicht mehr einfällt, dann stopfen wir ihm eben schnell ein paar Gummibärchen in den Mund.)

Ach ja? Wollen wir wirklich, dass sich unsere Kinder später nur daran erinnern, wie supi-toll sie immer mit ihrer Mutti gebastelt, gemalt, Kuchen gebacken und im Sand gebuddelt haben?

Brauchen wir das, um selber glücklich zu sein?
Unsere Kinder sind nicht auf dieser Welt, um uns glücklich zu machen. Sie sind auf der Welt, um ihr eigenes Glück zu finden.

Und unsere Mütterhauptaufgabe besteht nicht darin, dem Nachwuchs eine Dauerkuscheleckenkindheit einzurichten, in der wir jeden Tag mit ihnen Popcorn machen, Kuchen backen, rosa Wölkchen basteln und ihnen feengleich jeden Wunsch erfüllen.

Ich muss dafür sorgen, dass mein Sohn neben dem Angeln auch noch ein paar soziale Kompetenzen erlernt. Ich denke dabei beispielsweise an Nebensächlichkeiten wie:
Aufräumen und  Hausaufgaben leidlich zeitnah  und lesbar erledigen. Ich muss ihm auch beibringen,  Essensreste nicht in die Bettschubladen sondern in den Kompostmüll zu werfen, das Nachbarkind nicht als Vollspacko zu beschimpfen, keine Steine auf Autos zu werfen und sich regelmäßig zu waschen.

Und bei diesen erzieherischen Maßnahmen  ist es eben manchmal gar nicht kuschelig, sondern ziemlich ungemütlich.

Und LAUT!

Und dann findet mich mein Kind blöd. Und später, wenn es mal älter ist, dann wird es ihm sicher auch in Erinnerung bleiben, dass ich ziemlich oft ziemlich blöd war.
Na und? Die schönste Erinnerung meines Sohnes an seine Kindheit wird vermutlich sein, wie er damals den riesen Fisch in Norwegen gefangen hat. Dabei spiele ICH überhaupt keine Rolle.

Aber es ist doch großartig, dass ich dabei sein durfte!

14. März 2014

1 Kommentar

Liebe Sarah,

Wie wahr, dazu gehört auch Verantwortung für sein eigenes Leben zu übernehmen und nicht das Leben anderer, in dem Fall der Kinder, leben zu wollen. Super geschrieben, hoffen lesen das die Supermamis auch!
Liebe Grüße
Dani

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