Meine beste Freundin, ihre Tochter und ich

Paulinas Tagebuch: Folge XXXVII

Meine beste Freundin

 „Das macht 34,38 Euro“

Sie streckt ihre Füße in den Sand, Schaufel und Eimer sind fest in der Hand. Mama und Papa sind mit dabei. Herrlich, so ein Urlaub an der Ostsee. Das Meer, der Strand und das Schwimmen sind für Paulina immer noch genauso faszinierend wie im Urlaub vor einem Jahr. Aber das Beste: Paulina hatte endlich ihr ersehntes Geschwisterchen dabei – auch wenn Luisa die meiste Zeit im Strandkorb verschlafen hat. Davon erzählt mir Tina als ich sie und ihre Töchter (der Plural ist für mich noch immer ungewohnt) besuche.

Ich öffne die Tür und sehe nur noch bunt: Das Wohnzimmer gleicht einem Spieleparadies. Kleine Spielfiguren, Buntstifte, Bilderbücher und Kuscheltiere: Alles, was man sich nur vorstellen kann, ist da. Es ist chaotisch-schön. Aus der Ecke höre ich die Stimmen von Paulinas Lieblingsserie. Nur zu gern wäre ich in diesem Moment noch einmal klein. Eine neue Errungenschaft im Wohnzimmer springt mir allerdings direkt ins Auge: Der kleine, hölzerne Kaufladen, der voll ausgestattet mit Theke, Einkaufswagen und Kasse nur darauf wartet, erobert zu werden. Und wer steht hinter der Theke? Paulina natürlich. Geöffnet am sieben Tagen die Woche und, wenn es nach der kleinen Besitzerin geht, auch mehrere Stunden am Tag. Pizza, Schokolade, Müsli … ihr Sortiment lässt keine Wünsche offen. Tina bemerkt meinen Blick. „Sie spielt täglich damit und wir müssen dann bei ihr einkaufen. Und egal, was man kauft: Alles kostet 34,38 Euro …“, sagt sie, während sie ihre kleinste Tochter auf dem Arm trägt und einen großen Schritt über die Bauklötzchen macht. „Aber lukrativ ist es für Paulina nicht gerade. Denn wenn man für fünf Euro bei ihr einkauft, erhält man 180 000 Euro Wechselgeld. Da ist das Leben noch schön“, sagt Tina mit einem Lächeln hinterher. Aber warum versperrt der Einkaufswagen den Weg hinter die Theke? „Ist zu“, sagt Paulina, die momentan nur Augen und Ohren für ihre Lieblingsserie hat, aber trotzdem unserem Gespräch mit einem Ohr lauscht. Ok, dann muss ich wohl noch ein bisschen warten, bis der Laden wieder öffnet und solange mit Mama Tina über den Sommer sprechen.

Ich: „Wie war euer Urlaub?“

Paulina: „Schöööhön.“ Sie folgt zwar wie gebannt der neuen Folge von „Bibi und Tina“, aber antworten mag sie dennoch.

Tina: „Sie hat Recht. Es war wirklich ein sehr schöner erster Urlaub zu viert. Alles hat gut geklappt, auch die Autofahrt mit den beiden. Allerdings hatten wir so viel Gepäck … wie wir beladen waren … das hättest Du sehen müssen.“

Ich: „Ich erinnere mich noch an euren ersten Urlaub mit Paulina. Schon Tage vorher hattest du eine Liste gemacht, was alles eingepackt werden muss und auf gar keinen Fall vergessen werden darf. War das dieses Mal auch so?“

Tina (lächelt): „Ja. Ich habe mir im Voraus eine Liste gemacht, was man sowohl für Paulina als auch für Luisa braucht. Vorbereitung ist eben alles. Aber beim zweiten Kind war ich nun schon ein bisschen entspannter.“

Das Meer und der Strand sind das eine, die Tiere das andere. So freute sich Paulina im Urlaub auch sehr über den Besuch in einem Tierpark, den man als echter Tierfan natürlich auf keinen Fall verpassen darf. Esel, Zebras und Co. waren dort hautnah zu beobachten.

Ich: „Und welche Tiere waren die schönsten?“

Paulina: „Die Giraffen. Die waren ganz nah am Auto.“
Unser Urlaubsgespräch scheint gerade doch interessanter als die Serie zu sein.

Urlaub bedeutet viel Zeit mit der Familie zu verbringen, was Tina, Markus, Paulina und Luisa auch sehr genossen haben. Gleichzeitig bedeutet Urlaub aber auch Kindergartenferien – und somit Action für Mama und Papa. „Jetzt kehrt langsam wieder ein bisschen Ruhe ein. Es war mit den beiden Kindern sehr schön, aber es ist auch toll, wenn jetzt so langsam wieder alles in geregelten Bahnen verläuft“, sagt Tina. Luisa öffnet kurz die Augen, ein kritischer Blick, dann schläft sie seelenruhig weiter.

Währenddessen ist Papa Markus nach Hause gekommen, gibt jedem seiner drei Mädels einen Kuss und setzt sich zu uns. Wir erzählen weiter über die Arbeit und über dies und das und Paulina klettert – fast schon ohne meine Hilfe – auf meinen Schoß und hört weiter mit einem Ohr zu, mit dem anderen hängt sie noch in ihrer Lieblingsserie. „Ist schon eine wahnsinnige Vorstellung, wenn man sich überlegt, dass sie mal so klein wie Luisa war, oder?“, sagt Markus plötzlich und zeigt auf Paulina. Wie recht er hat.

„Schneller“, heißt es plötzlich in der Serie. Immer schneller, höher, weiter möchte auch Paulina. So hat sie mit ihren Eltern im Sommer die Kerwen an der Bergstraße unsicher gemacht und kein Kinderkarussell und keine Schiffschaukel ausgelassen. „Paulina war völlig im Glück und fragt mich oft, ob am nächsten Wochenende die nächste Kerwe kommt. Oder wenn ich sage, dass wir in die Stadt zum Einkaufgen fahren, dann sagt sie: ,Aber erst Karussell fahren‘. Sie muss noch verstehen, dass nicht das ganze Jahr über Kerwe ist.“, sagt Tina und Paulina, die inzwischen wieder auf das Sofa zu Mama und Schwester gewandert ist, gibt ihrer kleinen Schwester einen Kuss auf die Backe.

Ich: Wie ist es denn mit den zwei Mädels? Verstehen sie sich immer noch so gut?“

Tina: „Ja, auf jeden Fall. Aber die ersten Wochen mit den beiden waren tatsächlich ein bisschen entspannter als es jetzt ist. Pauli war am Anfang sehr vorsichtig und hilfsbereit. Das ist auch immer noch so und sie hilft mir immer noch sehr gut beim Wickeln. Und manchmal wickeln wir parallel unsere ,Babys‘– ich kümmere mich um Luisa und sie sich eben um ihre Puppe Nonno. Aber generell muss man ein bisschen aufpassen, da sie oft ein bisschen zu wild für Luisa ist und zu schnell zu viel möchte. Weiter achten Markus und ich aber auch darauf, dass wir auch Zeit nur mit Paulina ohne ihre kleine Schwester verbringen. Das genießt sie dann und darauf legen wir auch Wert.“

Mein Magen knurrt, ich habe Hunger, Pizza-Hunger. Aber Paulinas Kaufladen bleibt an diesem Abend leider geschlossen. Sie schüttelt den Kopf und lacht verschmitzt. Paulina verspricht mir aber, meine Lieblingspizza zu bestellen, sodass ich sie bei meinem nächsten Besuch bei ihr einkaufen kann. Ob ich dann Rabatt bekomme oder auch 34,38 Euro bezahlen muss? Wir werden sehen. Zum Abschied bekomme ich aber ein Küsschen und eine Umarmung – gratis! Obwohl das eigentlich unbezahlbar ist.

Von Ann-Kathrin Weber

Über die Autorin:

Redakteurin Ann-Kathrin Weber hat zwar selbst noch keine Kinder, schreibt aber besonders gern über Kinderthemen. Für StadtLandKind hat sie ihre Freundin Tina durch die Schwangerschaft begleitet und besucht Paulina und ihre Eltern einmal im Monat für uns.

 

15. September 2017