Paulinas Tagebuch

„Ich geh mit meiner Laterne und meine Laterne mit mir“, hallt es schon seit mehreren Tagen durch das Haus. Paulina ist im Martinsumzug-Fieber. Und Tina somit also gleich mit. „Sie singt schon die ganze Zeit die Lieder vor sich her und übt für den Umzug“, sagt Tina. Recht hat sie, wenn schon singen, dann auch richtig und mit ganz viel Leidenschaft. Und auch in Sachen Basteln macht Paulina keine halben Sachen. So hat sie gemeinsam mit ihrer Mama ihre Laterne gebastelt, wobei Tina die Feinarbeiten, Paulina aber die überaus wichtige Rolle der Helferin übernommen hat. Sie zauberte nämlich ihrer Laterne im wahrsten Sinne des Wortes ein Lächeln ins Gesicht. Zwei Punkte für die Augen, einen Strich für den Mund. Und voilà: Herausgekommen ist eine Laterne in Form einer Biene. Sie sind eben ein gutes Team. „Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne“, hallt es weiter durch das Haus, als ich mit Tina telefoniere.

Ein paar Stunden später schickt mir Tina Bilder von Paulina in Aktion. Die ganze Familie hat sich dick eingepackt und marschiert fleißig beim Martinsumzug mit. Klar, dass auch die kleine Schwester nicht fehlen darf, die alles vom Kinderwagen aus beobachtet. Und Paulina lässt sie nicht aus den Augen. Doch das Süßeste – und dafür liebe ich unser digitales Zeitalter – ist die Audiodatei, die mir Tina schickt. „Rabimmel, Rabammel, Rabummbummbumm“, singt Paulina lauthals mit und übertönt sogar ihre Mama, die ihr in den Strophen kleine Hilfestellungen gibt. Ich bin begeistert. Unsere Eltern haben Ende der 80er-Jahre noch ihre sperrige Videokamera oder sogar das Tonbandgerät mitschleppen müssen …

PaulinaWie gut, dass es im November den Martinsumzug gibt. So kann hemmungslos gebastelt werden. Denn das gehört momentan zu Paulinas liebsten Beschäftigungen.

Tina: „Wir haben uns eine Bastel- bzw. Malkiste angelegt, in der sich allerhand Schätze finden. Paulina liebt das ohne Ende.“

Und diese Kiste ist randvoll mit glitzernden Perlen und Schnüren, buntem Papier, farbenfrohen Motiven und und und.  Darin befindet sich alles, was man ausschneiden, kleben oder verzieren kann. So schneidet Paulina wie wild, klebt kreuz und quer und bastelt bis zum Gehtnichtmehr. Dementsprechend sehen ihre Hände danach aus und nicht selten verirrt sich hier und da ein kleiner Schnipsel in ihrem Haar. Sie ist eben eine kleine Künstlerin.

Dass Paulina den Sommer lieber mag als den Winter, weiß ich bereits. Aber zum Glück kann man sich ja gut von kalten Temperaturen ablenken. Denn das eine Fest jagt nun das nächste. Sind die Lichter der St. Martins-Laternen erloschen, dann brennen schon bald die Birnchen am Weihnachtsbaum. Und Moment mal, das bedeutet Geschenke! Herrlich! So spielt auch schon das Weihnachtsfest für Paulina eine Rolle, obwohl es noch rund sechs Wochen bis zum Weihnachtsabend sind.

Ich: „Wir sind doch eigentlich noch mitten im Herbst und Paulina zählt schon die Tage bis Weihnachten?“

Tina: „Ja, ungefähr so ist es. Paulina erzählt die ganze Zeit schon vom Weihnachtsmann. Und sie sagt langsam aber sicher schon ihre Wünsche für den Wunschzettel. Den schreiben beziehungsweise malen wir zusammen. Das habe ich ihr versprochen. Und darauf freut sich Paulina schon sehr. Sie hat recht schnell verstanden, dass es im Dezember einen Tag gibt, an dem man sich etwas schenkt.“

Einer ihrer Omas hat Paulina aber schon verraten, welche Puppe sie sich wünscht. Diesen Wunsch hat Oma bereits auf die Liste geschrieben. Sicher ist sicher. Wer weiß, ob der Weihnachtsmann bei den vielen Kindern den Überblick behalten kann . . .

Und bis zum Weihnachtsfest steigt die Spannung jeden Tag ein bisschen mehr.  Denn das Dezember auch gleich Adventskalender bedeutet, das hat Paulina schon längst raus. Das heißt also für Tina Basteln, Säckchen füllen und diese mit kleinen Schleifen gut vor kleinen neugierigen Kinderhänden verschließen. Paulina darf sich also schon auf 24 kleine Kleinigkeiten freuen. Und was da wohl drin sein wird? „Paulina liebt kleine Minibücher, die große Geschichten erzählen“, sagt Tina. So wird die Bibliothek Dezember für Dezember also ein bisschen größer. Die kleine Schwester Luisa ist für einen Adventskalender noch zu klein. Aber ich bin mir sicher, dass Paulina ihr jeden Tag zeigen wird, was im Kalender zu finden war.

Ich: „Was gibt es denn Neues von den beiden Schwestern?“

Tina: „Das Verhältnis ist immer noch herzallerliebst. Pauli ist immer noch ganz vernarrt. Ich finde es immer wieder faszinierend, was für eine starke Wirkung die großen Geschwister auf die kleinen haben. Wenn Luisa mal total quengelig ist und wir sie nicht beruhigen können, dann sag ich ,Pauli, mach‘ mal.‘“

Ich: „Und was macht sie dann?“

Tina: „Dann geht Pauli ganz lässig zu ihrer kleinen Schwester rüber und braucht nur einen Piep zu machen und schon bekommt sich Luisa nicht mehr ein vor Lachen. Das ist wirklich unglaublich. Wie die beiden miteinander umgehen, ist einfach zucker-, zuckersüß. Da kann der Tag noch so anstrengend sein. Wenn man das dann sieht, dann geht dir wirklich das Herz auf.“

Tina kommt aus dem Schwärmen nicht mehr raus. Und ich auch nicht.

Seit fast vier Jahren begleite ich Tina jeden Monat durch ihr Leben, das Stück für Stück größer, witziger und spannender wird. Und das vor allem durch ihre erst eine, dann zweite Tochter. Dass Paulina clever und gewitzt ist und den Schalk im Nacken hat, mag ich besonders an ihr. Und nun, mit dreieinhalb Jahren, beobachtet sie Tina und mich schon genau und stellt auch Fragen. Zum Beispiel warum ich in den Computer schreibe und was ich da schreibe. Und auch Tina bindet ihre Tochter in die Entstehung der Folgen mit ein. So hat Tina ihr auch die letzte Folge vorgelesen.

Tina: „Ich habe ihr erklärt, dass du eine Geschichte über sie schreibst und dass sie das alles mal als Andenken bekommt. Ich weiß nicht, inwiefern sie es verstanden hat, aber sie hat sich wiedererkannt, als ich ihr die Folge vorgelesen habe. Schließlich hat sie ihren Namen gehört und verstanden, dass es um sie geht, denn ich habe ihr Dinge vorgelesen, die sie ja gerade erst erlebt hat. Dann hat sie mich angelächelt.“

Und genau dieses kleines Lächeln ist der größte Lohn. Und die kleinen Momente, wie zum Beispiel dieser: „Das Licht geht aus, wir gehen nach Haus’. Rabimmel, Rabammel, Rabummbummbumm!“

 

Von Ann-Kathrin Weber

Über die Autorin:

Redakteurin Ann-Kathrin Weber hat zwar selbst noch keine Kinder, schreibt aber besonders gern über Kinderthemen. Für StadtLandKind hat sie ihre Freundin Tina durch die Schwangerschaft begleitet und besucht Paulina und ihre Eltern einmal im Monat für uns.

 

 

15. November 2017