Pflegeeltern gesucht!

Marco Schilling Heidelberg SLK Brigitte ThormannBrigitte Thormann, Sachgebietsleiterin beim Kinder- und Jugendamt der Stadt Heidelberg, arbeitet seit 34 Jahren in der Vermittlung von Kindern in Pflegefamilien. Derzeit betreut sie mit ihrem Team etwa 60 Pflegefamilien. Im StadtLandKind- Interview erzählt sie, worauf sie bei der Auswahl von Pflegeeltern achtet und  warum Krisen im Lebenslauf der Bewerber eine wichtige Rolle spielen.

Frau Thormann, wie viele Kinder in Ihrem Zuständigkeitsbereich warten momentan auf die Vermittlung in eine Pflegefamilie?
Das variiert durchgehend. Wenn wir angerufen werden, müssen wir rasch reagieren können. Deshalb ist es für uns so wichtig, Familien zu finden, die bereit sind, auch kurzfristig ein Kind bei sich aufzunehmen. Speziell in den kommenden Monaten würden wir uns über neue Pflegefamilien sehr freuen: die Sommerferien sind immer eine kritische Zeit. Auch deshalb, weil natürlich viele Familien in den Urlaub fahren. Wer also die Möglichkeit sieht, ein Kind auch nur für kurze Zeit bei sich aufzunehmen, bitte bei uns im Heidelberger Jugendamt melden!
Wonach entscheiden Sie, ob Menschen als Pflegeeltern geeignet sind?
Entscheidend ist, dass Pflegeeltern bereit sind, sich mit Problemstellungen auseinanderzusetzen, dass sie eine „lebensfrohe Kraft“ ausstrahlen und dass sie die Kinder als liebenswerte eigenständige Persönlichkeiten betrachten. Leute, denen es vor allem wichtig ist, welche Schule ihr Kind einmal besucht, werden sich als Pflegeeltern schwer tun. Und auch wer selbst viele ungelöste Probleme mit sich herumschleppt, ist vermutlich nicht geeignet.
Aber das eine oder andere Problem haben wir doch alle, oder?
Darum geht es nicht. Für uns ist wichtig zu sehen, wie die Menschen problematische  Situationen bewältigen. Wir haben festgestellt, dass schwierige Lebensphasen zur inneren Stärkung der Persönlichkeit beitragen können. Von Bewerbern erwarten wir Lebensberichte, die auch selbst durchlebte Krisen nicht ausklammern, denn diese Lebenserfahrung kann helfen, um den Kindern mit schwierigen Lebenssituationen Verständnis entgegenzubringen.
Kommt es vor, dass Sie Bewerber ablehnen?
Eher selten: Von hundert Bewerbern lehnen wir vielleicht fünf ab, weil wir ihnen – aus erklärbaren Gründen – nicht zutrauen, mit derart problematischen Lebensgeschichten umzugehen. Es geht nicht darum, die Kinder um jeden Preis in einer Familie unterzubringen – ein gutes Kinderheim ist besser als eine unpassende Pflegefamilie.

Wissen die Pflegeeltern immer, worauf sie sich einlassen?

Es gibt mehrere Gespräche und Treffen vorab. Schon beim ersten Kontakt erklären wir Bewerbern, was auf sie zukommen kann und was von ihnen erwartet wird. Wer beispielsweise mit den leiblichen Eltern keinen Kontakt haben möchte, kommt als Pflegefamilie nicht in Frage. Den Pflegeeltern muss außerdem klar sein, dass sie auch uns, das Jugendamt, ‚mitgeliefert‘ bekommen im Sinne einer engen Zusammenarbeit und Hilfestellung.

Wie häufig kommt es vor, dass Familien ein Pflegeverhältnis wieder abbrechen?

Bei den Null- bis Vierjährigen geht die Abbruchrate gegen null. Schwieriger ist es bei älteren Kindern. Hier sind wir sehr vorsichtig geworden. Man weiß nicht, was in den Herkunftsfamilien alles vorgefallen ist, welche Art von Problemen die Kinder mitbringen und ob eine Pflegefamilie in der Lage ist, mit den Folgen umzugehen.

Wenn in den Medien über Pflegekinder berichtet wird, geht es oft um schreckliche Fälle. Ein Beispiel ist der Tod der elfjährigen Chantal, deren Pflegeeltern drogenabhängig waren und die an einer Methadon-Tablette gestorben ist. Wie kann so etwas passieren?

Das frage ich mich ehrlich gesagt auch. Und natürlich leidet angesichts solcher Vorfälle das Vertrauen in die Ämter. Deshalb arbeiten wir hier sehr akribisch bei der Bewerberauswahl und schauen lieber  einmal öfter in den Familien vorbei, damit so etwas niemals vorkommt.

 

Interview: Nicole Pollakowsky // Foto: Marco Schilling

Wer sich im Raum Heidelberg für die Möglichkeit interessiert, Pflegefamilie zu werden, meldet sich bei:

Brigitte Thormann
Kinder-und Jugendamt Stadt Heidelberg
Adoptions-und Pflegestellenvermittlung und –betreuung
Friedrich-Ebert-Platz 3,  69117 Heidelberg,  06221  58 37 77 0
Brigitte.Thormann@Heidelberg.de

 

Noch mehr Informationen zum Thema Pflegekinder:
Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien e.V.
pfad-bv.de
Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg
kvjs.de
Portal zum Thema Pflegekinder und Pflegeeltern:
pflegeeltern.de
Adoptiv- und Pflegefamilien Mannheim e.V.:
apfel-mannheim.de
Akademie für Pflege-/Adoptivfamilien und Fachkräfte:
pflegeelternschule-bawue.de

18. Juni 2015
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1 Kommentar

Annabell Schwarz

Sehr geehrte Damen und Herren,
Ich interessiere mich sehr für eine stelle als Pflegemutter und würde mich sehr freuen noch mehr darüber zu erfahre.
Annabell Schwarz 46 Jahr,und arbeite derzeit. Als Bäckereifachverkäuferin
Vielen Lieben Dank
Mit freundlichen Grüßen
Annabell Schwarz

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