StadtLandKind. | Ausgabe 3/2022

Familienpolitik 21 Die KZ-Gedenkstätte Sandhofen Im Keller der heutigen Gustav-Wiederkehr-Schule in Mannheim-Sandhofen befindet sich die KZ-Gedenkstätte Sandhofen – als Erinnerung an das Außenlager des KZ Natzweiler, das hier im Herbst 1944 eingerichtet worden war. Es diente zur Unterbringung von KZ-Häftlingen, die für Daimler-Benz Mannheim arbeiten mussten. Obwohl das Außenlager des KZ Natzweiler in die örtliche Infrastruktur eingebettet und für die Einwohnerschaft des Stadtteils jederzeit erkennbar war, verschwand es nach Kriegsende vollständig aus dem öffentlichen Bewusstsein. Erst am 12.11.1990 wurde hier eine Dauerausstellung eingerichtet, die nach vorheriger Anmeldung von Schulklassen, Gruppen und Einzelpersonen besucht werden kann. Bei dem Sandhofer Außenlager handelt es sich um ein Lager der Endphase des NS-Staats - es war ein Hungerlager. Hier litten 1.070 Menschen; nahezu alle waren polnische Männer und Jugendliche, die während des Warschauer Aufstands im Sommer 1944 aus ihrer Heimatstadt verschleppt worden waren. Der 1991 gegründete Verein „KZ-Gedenkstätte Sandhofen e.V.” hat sich zum Ziel gesetzt, den Kontakt zu ehemaligen Häftlingen zu pflegen und die Erinnerung an die nationalsozialistische Gewaltherrschaft, an Verfolgung und Widerstand in Mannheim wachzuhalten. senstufe 4, die wöchentlich am Nachmittag stattfindet. Die AG ist übrigens so beliebt, dass wir am Ende meistens auslosen müssen. Ziel ist es, die Kinder mit der Gedenkstätte vertraut zu machen, basale, kindgerecht aufbereitete Kenntnisse über die Geschichte des Nationalsozialismus allgemein sowie des KZ Sandhofen im Besonderen zu vermitteln. Im Mittelpunkt steht dabei nicht das Erlernen von Faktenwissen; wir haben ein niedrigschwelliges interaktives Angebot für historisches Lernens entwickelt, das thematisch um die Schwerpunkte Diskriminierung, Ausgrenzung und Verfolgung kreist. Und was genau sind die pädagogischen Ziele? Kinder im Umgang mit Geschichte zu sensibilisieren! Ihr politisches und demokratisches Bewusstsein zu schärfen und sie für Menschenrechte zu stärken. Dabei kommen überwiegend biographieorientierte Methoden historischen Lernens mit lokalen Bezügen zum Einsatz. Die Schaffung von Identifikationsmöglichkeiten ist essentiell: Wir schauen uns die einzelnen Lebenswege der Häftlinge an. Natürlich nehmen die Kinder großen Anteil – je jünger die Menschen waren, umso stärker fühlen sie sich ihnen verbunden. Oft wird es dann auch emotional, wenn sie feststellen: Das waren ja noch Kinder – so wie wir! Das Projekt heißt „Was hat ein Kaninchen mit unserer Geschichte zu tun?“. Wie kam es zu dem Namen? Der ging von den Kindern aus. Wir haben uns gefragt: Welche Rechte hat ein Kaninchen eigentlich? Kinder lieben ihre Haustiere und können sich gut in sie hineinversetzen. Empathie zu entwickeln ist eine wichtige Voraussetzung für Demokratie. Bei den Kindern heißt das Projekt übrigens intern „Kaninchen-AG“. Wissen Kinder und Eltern eigentlich über die Geschichte der Schule Bescheid? Das war ein weiterer Grund für die Geschichts-AG: Unter den Schülern kursierten die gruseligsten Gerüchte über den Keller der Schule. Dass die KZ-Gedenkstätte eine Art Gruselkammer sei, in der Särge aufgebahrt seien und sich Überreste von getöteten Menschen befänden. Ich sehe es also auch als unsere Aufgabe, die Gedenkstätte als Ort der historisch-politischen Bildung in den Mittelpunkt zu stellen und mit Fakten diesen Mythenbildungen und verzerrten Geschichtsvorstellungen entgegenzuwirken. Die AG findet aber nicht im Keller statt, oder? Nein, in einem Klassenzimmer. Am Ende der AG, und das ist oft das „Highlight“ für die Kinder, ist der Besuch der KZ-Gedenkstätte inklusive Rundgang durch den Stadtteil auf dem „Weg der Häftlinge“. So bleibt Geschichte wirklich lebendig. Mannheim ist eine Stadt der Vielfalt. Die Gustav-Wiederkehr-Schule besuchen Kinder aus 17 unterschiedlichen Nationen – ist das Interesse bei allen gleich groß - unabhängig von ihrer Nationalität? Das Interesse ist nationalitätenunabhängig! Kinder mit Migrationshintergrund haben vielleicht noch mehr Interesse. Sie haben bereits einen Bezug zu dem Thema, weil sie wissen, was Ausgrenzung bedeutet. bw // Fotos: KZ-Gedenkstätte Informationen und Kontakt: Marco Brenneisen, KZ-Gedenkstätte Sandhofen c/o MARCHIVUM, Archivplatz 1, 68169 Mannheim, 0621 293 74 85.

RkJQdWJsaXNoZXIy NDY3NDc=