StadtLandKind. | Ausgabe 4/2022

Familienpolitik 18 Kinder mit Einschränkungen haben in Deutschland ein Recht auf Bildung – wie alle anderen Kinder auch. Warum aber scheitern so viele Schulen immer noch beim Thema Inklusion? Und warum sieht die Gesellschaft noch immer die Arbeit in einer Behindertenwerkstatt – unterbezahlt, unsichtbar – als erste und letzte Station eines Arbeitslebens für behinderte Jugendliche und junge Erwachsene vor? Wir haben uns mit Eltern eines Kindes mit einer geistigen und körperlichen Beeinträchtigung über die vielen zermürbenden Versuche unterhalten, ihrem Sohn Paul* eine „normale“ Schullaufbahn zu ermöglichen. Heute ist Paul 18 Jahre alt. Zurzeit ist er ohne Abschluss zuhause. Hätte er nicht engagierte Eltern, die den Schulen und Institutionen einen Großteil der inklusiven Arbeit abgenommen haben, gäbe es für ihn trotz seiner vielen Talente, Interessen, seiner sozialen Kompetenz und Selbständigkeit keine Alternative mehr zum Sonderschulsystem. Wir haben uns mit Pauls Eltern unterhalten. Dass Paul eine Beeinträchtigung haben könnte, wurde den Eltern bereits in der Schwangerschaft bewusst. Eigentlich war Karla* mit Zwillingsjungen schwanger, die sich eine Plazenta teilten. Doch in der 21. Schwangerschaftswoche verstarb eines der Kinder. Stirbt ein Zwilling als Fötus, kommt es in der Regel zu einer Fehlgeburt. Überlebt der andere kann es zu schweren Beeinträchtigungen, wie beispielsweise Schädigungen am Gehirn des verbleibenden Fötus, kommen. „In diesem Fall raten die Ärzte den Eltern immer zu einem Abbruch. Für uns kam das aber nicht in Frage“, stellt Karla klar. Und zu ihrem großen Glück konnte der Pränataldiagnostiker im großen Ultraschall keine Schäden am Gehirn feststellen. Dass doch etwas „nicht normal“ war, zeigte sich erst drei Monate nach der Geburt, als die Eltern bemerkten, dass Paul die rechte Hand nicht bewegen konnte. Untersuchungen belegten: die rechte Seite seines Körpers war von einer Spastik betroffen. Durch den Tod des Zwillings war es vorgeburtlich zu einer Cerebralparese gekommen. Trotzdem. Paul entwickelte sich gut. „Wir haben dann in unserem Wunschkindergarten, einem Waldorfkindergarten in der Nähe, einen Platz für ihn bekommen", erzählt die MutWunschkonzert Inklusion darf kein sein

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