Meine beste Freundin, ihr Baby und ich

beste Freundin Ein super Versteck! Hier findet Mama mich nie!

Jacken für morgens, mittags, abends, für schönes, windiges und etwas kälteres Wetter, wahlweise mit Punkten, Ringeln oder Streifen – ich komme mir etwas verloren vor, als ich in der Kindermodenabteilung eines Geschäfts stehe und nach etwas Passendem für Paulinas ersten Geburtstag suche. Als ich das letzte Mal in diesem Geschäft war, war Tina im achten Monat schwanger und wir gerade dabei, die letzten Sachen für die Erstausstattung zu besorgen. Jetzt – rund ein Jahr später – stehe ich hier allein und muss mich zurechtfinden zwischen Miniröckchen, Minibikinis und Miniballerinas. Ich laufe also an den Stramplern vorbei, denn Paulina ist schon längst kein Baby mehr. Etwas, in dem man ordentlich toben kann, soll es werden. Gefunden. Auf dem Weg zur Kasse greife ich noch nach einer Miniatursonnenbrille und erinnere mich an Tinas Worte: „Sie greift immer nach meiner und will sie dann gar nicht mehr hergeben.“ Ab damit in den Einkaufskorb.

Als ich Paulina nachträglich zu ihrem Ehrentag gratuliere, sitzt sie in ihrem Hochstuhl am Tisch und klatscht vergnügt in beide Hände. Sieben Zähnchen lachen mich an. Ob sie wohl ahnt, dass sie ein Geschenk bekommt? Wer weiß. Wie sie das Geschenkpapier am schnellsten öffnet, hat sie jedenfalls gleich raus. Immer schön aufreißen. Da macht es auch gar nichts, dass die kleinen Hände viel kleiner sind als die große Schleife. Mama hilft ihr mit der Sonnenbrille. Sie sieht aus wie ein kleiner, rosafarbener Rockstar. Der Tag kann also nur gut werden.

Bunt und turbulent ging es bei Paulinas Geburtstag zu. Viele kleine und große Gäste waren da. Hier und da entdecke ich noch einen Luftballon – die letzten Partyreste. Stilecht für einen Mini-Rockstar, denke ich mir.

Ich: „Wie war die Geburtstagsfeier?“

Tina: „Es war sehr schön, aber auch sehr anstrengend. Das hätte ich nie gedacht. Schließlich haben mir zweimal gefeiert, einmal mit der Familie und einmal mit Paulinas kleinen Freunden plus Eltern.“

Während wir uns unterhalten, kann sich Paulina nicht entscheiden, ob sie lieber die Sonnenbrille auf ihrer Nase balanciert oder ihr Brot weiter isst. Sie versucht beides gleichzeitig. Es ist warm, die Sonne scheint auf den Tisch. Zu den Geschenkpapierfetzen gesellen sich viele kleine Brotkrümel. Paulinas Haare kräuseln sich im Nacken, die Brille rutscht ihr von der Nase.

In der Spielecke entdecke ich ein paar neue Spielsachen – und Paulina auch. Sie streckt die Arme aus und will auf den Fußboden. Also nichts wie hin zu Elefant, Bauklötzchen und Co. Während wir beide spielen, nutzt Tina die paar Minuten für sich. Dann dämmert es mir: Ich bin zum ersten Mal mit Paulina für mehrere Minuten allein. O.K., wir sind in ihrer gewohnten Umgebung, hier kann nichts schief gehen, sage ich mir. „Und sie darf nicht auf die Treppe“, höre ich Tina von oben herunter rufen. „Jahaaa“, rufe ich und schließe lieber die Tür zur Treppe hin. Sicher ist sicher.

Hoffentlich weint sie nicht, sobald sie merkt, dass Mama den Raum verlassen hat. Bloß nicht die Wörter Mama oder Papa erwähnen, sage ich mir in meinem Kopf auf und setze mich zu ihr auf den Boden. Paulina indessen macht sich keine Gedanken, sondern spielt ganz ausgelassen und völlig cool – ein Rockstar eben. Sie zeigt mir ihre Zoofamilie, von denen der Elefant ihr Lieblingstier zu sein scheint, ihre Bücher und ihren Puppenwagen, in dem sie zwar keine Puppen transportiert, dafür aber eine kleine Gießkanne und am liebsten setzt sie sich selbst hinein. Blöd ist nur, dass ihn dann keiner schiebt. Aber wo ist denn nur dieses eine Buch? Paulina setzt zur Suche an und verschwindet fast komplett im Sideboard. Ha! Gefunden. Ab damit zu den anderen Spielsachen auf den Zimmerboden.

Während ich die Zootiere wieder in eine Kiste packe, regnet es kleine Bauklötzchen auf meinen Kopf. Wo diese herkommen? Aus der Gießkanne, die Paulina über mir ausschüttet. „Ich werde wohl nicht mehr wachsen“, sage ich zu ihr. Sie stört sich daran nicht, sondern setzt zum Versteckspiel an. Es ist unglaublich: Ich sitze in Tinas Wohnzimmer und halte mir gefühlt dreißig Mal die  Hände vor meine Augen, um sie dann wieder ruckartig wegzunehmen. Aber es funktioniert: Paulina kringelt sich vor Lachen – auch beim dreißigsten Mal. Wenn mich jetzt jemand sehen könnte…

„Was macht ihr denn da?“, fragt mich Tina, als sie den Raum betritt und sich die Haare trocken rubbelt. „Wir spielen“, sage ich natürlich ganz cool und sammle die kleinen Bauklötzchen wieder ein. „Das sieht man doch.“ Paulina dreht mit ihrem Puppenwagen inzwischen eine Tour durch die Küche.

Ich: „Die Kleine hält dich ganz schön auf Trab, was?“

Tina: „Oh ja. Vor allem geht sie jetzt mit Vorliebe an die Schubladen und räumt sie natürlich auch aus … Da sie jetzt nochmal ein Stück gewachsen ist, kommt sie auch ohne Probleme mit der Hand auf die Tischplatte. Lege ich dort einmal was ab, landet es schwups auf dem Boden. Deshalb lege ich alles zur Sicherheit in die Mitte des Tisches.“ Es scheppert leise im Flur – ein kleiner Crash zwischen Puppenwagen und Treppengeländer.  Ich kenne keinen Rockstar, der nichts kaputt macht.

Paulina hat schon einige gute kleine Freunde, mit denen sie sich abwechselnd trifft. „Sie spielen schon sehr schön miteinander und können sich beschäftigen“, sagt Tina, während Paulina ihren Elefant in der Bücherkiste verstaut. Klar, wo auch sonst.

Auch erzählt Paulina während dem Spielen unglaublich gerne Geschichten, die man aber noch nicht alle verstehen kann. „Sollte es aber doch einmal ganz still werden, ist das kein gutes Zeichen. Dann schaue ich lieber einmal nach, ob die kleinen Hexen nicht doch etwas angestellt haben.“ So wissen Paulina und einer ihrer kleinen Freunde zum Beispiel genau, wo die Süßigkeiten versteckt sind – klar, dass die Größere von beiden ihren Arm dann nach Bonbons und Co. ausstreckt und an den Kleineren weiter gibt.  Auch macht Paulina manchmal im wahrsten Sinne des Wortes die Nacht zum Tag, weil sie entdeckt hat, wie die Lichtschalter funktionieren. So kann es schon mal sein, dass Tina und Markus nachts in einem hell erleuchteten Zimmer aufwachen oder abends plötzlich im Dunkeln sitzen.

FolgeXI_LichtAlso wirklich! Alles muss man selber machen! Da hat Mama doch tatsächlicher wieder mal vergessen, das Licht anzumachen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich: „Welches ist denn ihr neuestes Hobby?“

Tina: „Sie liest! Sie tut jedenfalls so. Ich habe mit der Mutter von Paulinas Freundin Bücher getauscht und Paulina hat die neuen Exemplare gleich entdeckt. Jetzt sitzt sie immer öfter im Wohnzimmer und schaut ganz vertieft auf die bunten Bilder.“

Später am Abend schickt mir Tina ein Foto, das Paulina mit ihrer neuen Sonnenbrille zeigt. „Sie will sie gar nicht mehr absetzen“, steht darunter. Na also! Geschenk geglückt, Paulina glücklich und ihre Mama auch. Aber auch die größten Rockstars müssen einmal schlafen gehen … an diesem Abend eben stilecht mit Sonnenbrille, denn wer weiß: Vielleicht wird es ja mitten in der Nacht taghell…

Zur Autorin:

Redakteurin Ann-Kathrin Weber hat zwar selbst noch keine Kinder, schreibt aber besonders gern über Kinderthemen. Für StadtLandKind hat sie ihre Freundin Tina durch die Schwangerschaft begleitet und besucht ab sofort Baby Paulina und ihre Eltern einmal im Monat für uns.

15. Juni 2015
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