Meine beste Freundin, ihr Baby und ich

Paulina möchte  ganz allein essen. Vorsichtig steckt sie den kleinen Löffel in den Becher voller Erdbeereis. An der Seite des Bechers weicht sich bereits die Pappe auf. Ein kleiner rosafarbiger Tropfen fällt auf die Jeans. Macht nichts, Mama wischt ihn mit einem Taschentuch weg. Dann balanciert sie den Löffel in ihren Mund. Geschafft! Mit einem Happs verschlingt sie das nächste Löffelchen voll Eis. Endlich ist es nicht mehr so kalt und der Frühling zum Greifen nah, scheint sich Paulina zu denken, die heute auf den Tag genau 22 Monate alt wird. Und natürlich gibt es endlich wieder Eiscreme, denken uns wir drei, als wir uns zum ersten Eis des Jahres treffen.

 

Ein paar Momente davor: Sie grinst mich frech an, ihre Augen leuchten unter ihrer pinkfarbenen Zipfelmütze hervor – Paulina scheint wohl genau zu wissen, wo es hingeht: zur Eisdiele. Sie klatscht in die Hände, während ich neben ihr und ihrer Mama die Straße in der Sonne entlangschlendere.

 

Ich: „Bist du froh, dass ihr jetzt wieder mehr draußen unternehmen könnt, weil das Wetter besser wird?“

 

Tina: „Auf jeden Fall. Paulina freut sich jeden Tagen darauf, nach draußen zu gehen. Sie will immer etwas erleben und nichts verpassen. Der viele Regen macht eben keinen Spaß und das Spielen auf dem Spielplatz oder im Garten ist bei dem Mistwetter auch nicht immer schön – auch wenn Paulina für ihr Leben gern in Pfützen springt.“

 

Das stimmt. Und davon konnte ich mich schon das ein oder andere Mal selbst überzeugen. Sei es bei Regen auf dem Spielplatz oder bei 32 Grad auf der Terrasse, die übersät mit kleinen Wasserpfützen war. Paulina freut sich inzwischen mit jedem Schritt mehr, dass wir uns der Eisdiele nähern.

 

Ich: „Paulina, magst du ein Eis? Erdbeere?“ Ich zeige auf die vielen bunten Eissorten.

 

Paulina: „Ja“. Sie rutscht ungeduldig in ihrem Kinderwagen hin und her.

 

Erdbeere soll es also sein. Klar, das ist ja auch rosa. Passt zur Zipfelmütze.

 

Wir reden nicht viel, als wir auf der Bank sitzen und unser Eis genüsslich essen. Darauf haben wir uns alle drei gefreut. Als Tina mit Paulina schwanger war, haben wir auf meinem Sofa unendlich viele  Portionen Eiskonfekt verschlungen. Diese Leidenschaft, die Tina in der Schwangerschaft entwickelt hat, muss sich irgendwie auf ihre Tochter übertragen haben. Gott sei dank!

 

„Hallo“, sagt Paulina ein-, zweimal, während ich mich mit ihrer Mama unterhalte. Dabei lächelt sie herzallerliebst mit Erdbeereis um ihren Mund herum und zaubert somit so manchen Passanten, der an uns vorbei läuft, ein Lächeln ins Gesicht. Lachen tut gut und passt ja schließlich auch zum Frühling und zu Frühlingsgefühlen.  Apropos Frühlingsgefühle: Paulina hat mit ihren fast zwei Jahren einen Augenaufschlag zum Niederknien. Und das weiß sie auch ganz genau. „Paulina, flirtest du mit mir?“, fragt Tina ihre Tochter und stupst mich an, dass ich auch ja nicht verpasse, was jetzt kommt. Paulina steckt den kleinen Löffel zurück in den Eisbecher, legt den Kopf leicht zur Seite, guckt ihre Mama mit ihren großen Augen an und zwinkert zweimal. Aha, so geht das also, sage ich zu ihr und kneife ihr in die Backe.  Von der kleinen Dame kann manch Große noch so einiges lernen.

 

Paulina hat ihren eigenen Kopf. Das gibt sie unmissverständlich zu verstehen. Wenn sie etwas nicht möchte, dann macht sie keinen Hehl daraus, verschränkt die Arme, schüttelt den Kopf oder sagt laut und deutlich „Nein“ – oder wirft ihre Zipfelmütze auf den Boden. „Wieso soll ich eine Mütze aufsetzen, während ich Eis esse? Das passt doch nicht zusammen. Es ist doch viel zu warm. Könnt ihr mir das mal erklären?“, scheint sie sich mit ihren fast zwei Jahren zu fragen, als sie uns achselzuckend anschaut. Das Eis in ihrer Hand gleicht mittlerweile mehr einem Pudding, einem ziemlich aufgeweichten sogar. „Weil Mama das so sagt“, antwortet Tina, die anscheinend die Gedanken ihrer Tochter lesen kann – oder wohl eher ihre Blicke in- und auswendig kennt.

 

Ich: „O.k, ich glaube, sie scheint euch so langsam ganz schön zu fordern, oder?“

 

Tina:  „Ja, solche Momente gibt es durchaus. Auch das trotzige auf den Boden werfen kennen wir schon. Und das passiert natürlich genau dann, wenn man es am wenigstens brauchen kann. An der Supermarktkasse, mitten in der Fußgängerzone oder in Wartezonen beim Arzt oder auf der Bank.“

 

An diesem sonnigen Mittag geht alles gut. Puh! Erdbeereis sei dank! Und vielleicht habe auch ich einen klitzekleinen Teil dazu beigetragen, dass Paulina fast pausenlos lacht. Schließlich verstecke ich mich gefühlte 100 Mal hinter Paulinas Kinderwagen, um dann wieder – ganz plötzlich – aufzutauchen. Sie lacht auch beim 100. Mal und vergisst dabei ganz ihre blöde Mütze auf dem Kopf, die sie vor ein paar Minuten noch schrecklich gestört hat.

 

Wenn Paulina nicht gerade um ihren Kinderwagen drumherumläuft, um mich oder jemand anderen zu suchen, der sich womöglich dahinter verstecken könnte, dann schiebt ihn Paulina höchst persönlich vor sich her. Fahren lassen ist was für Babys. Klar! So laufen wir in einer Reihe wie die zweieinhalb Engel für Charlie weiter die Straße entlang, wobei man Paulina erst bei genauem Hinsehen hinter ihrem Kinderwagen erkennen kann.

 

Ich: „Was macht ihr denn am meisten Spaß?“

 

Tina: „Momentan liebt sie es zu tanzen. Egal, wo sie Musik hört, bleibt sie stehen und tanzt und dreht sich im Kreis.“

 

Aber auch Malen gehört nach wie vor zu Paulinas Lieblingsbeschäftigungen. Auf der Suche nach ihren eigenen Buntstiften findet sie immer öfter Mamas Mäppchen, räumt es aus und malt drauf los. „Ich muss aufpassen, dass sie mir nicht auf einmal die ganzen Wände und den Boden ankritzelt“, sagt Tina mit einem Lächeln. So verbringt Tina viel Zeit mit ihrer Tochter am Tisch, wenn diese ihren Eltern viele kleine Bilder mit vielen kleinen Figuren und Strichen malt – jedes für sich ein echter Paulina, versteht sich. „Da sie so gerne malt, habe ich vor,  mit ihr dieses Jahr zum ersten Mal Ostereier zu bemalen. Das wird wahrscheinlich eine riesige Sauerei. Macht aber nichts. Hauptsache, es macht Spaß“, sagt Tina und wischt ihrer Tochter die letzten Reste Erdbeereis von der Backe. Das war lecker, das machen wir jetzt öfter. Zum Abschied gibt es ein kleines, klebriges Küsschen – einfach zuckersüß.

Von Ann-Kathrin Weber 

Zur Autorin:

Redakteurin Ann-Kathrin Weber hat zwar selbst noch keine Kinder, schreibt aber besonders gern über Kinderthemen. Für StadtLandKind hat sie ihre Freundin Tina durch die Schwangerschaft begleitet und besucht ab sofort Baby Paulina und ihre Eltern einmal im Monat für uns.

15. März 2016
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