Meine beste Freundin, ihre Tochter und ich

TochterEs ist ein Tag wie im Bilderbuch. Blauer Himmel, kein Wölkchen, dafür viel Sonnenschein und ein leckeres Frühstück unter großen und kleinen Freunden. Sonnig und mit Aussicht auf – nein, keine Fleischbällchen –  sondern auf Schokocroissant. Während Tina und ich sowie eine weitere Freundin aus Kindergarten-Tagen über dies und das erzählen, Neuigkeiten austauschen und uns an fast Vergessenes erinnern, hört Paulina gespannt zu.

So blickt sie ein paar Mal von ihrem Bilderbuch hoch, kneift ihre Augen zusammen und kräuselt ihre Nase. Ein paar Minuten später fragen wir uns, wie schön es genau in diesem Moment doch wäre, in einem Pool zu liegen und zu schwimmen – Stichwort für Paulina:  „Kommst Du heute noch mit zu uns ins Planschbecken, Anki? Biiiiiitte.“ Ich kann ihr diesen Wunsch kaum abschlagen. „Beim nächsten Mal, Paulina. Heute kann ich leider nicht. Ich mache einen großen Spaziergang mit dem Hund“, versuche ich ihr zu erklären. Diese Antwort scheint ihr zu genügen und sie nimmt einen großen Bissen von ihrem Schokocroissant, von dem die Hälfte am Mund kleben bleibt. Egal, ist trotzdem lecker. Sie mustert mich genau, ich bemerke ihre Blicke während des Frühstücks. Schau ich zurück und mache eine kleine Grimasse, lächelt sie und malt weiter.  So fällt ihr zum Beispiel auf, dass ich an diesem Tag die Haare anders trage (Anmerkung: Das fällt sonst nie jemandem auf.). „Wo ist Dein Zopf?“, will sie wissen. „Guck‘, das ist meiner“, sagt sie stolz und zeigt mir ihren mit Haarspangen geschmückten Kopf.  Sie ist längst kein Baby mehr, das wird mir immer bewusster.

Ich: „Wie war Paulinas dritter Geburtstag?“

Tina: „Feiern konnten wir nicht wirklich. Paulina war leider krank und hatte Scharlach. Besuch konnte sie also nicht empfangen. Deshalb beschränkte sich die Feiergesellschaft auf Markus, unsere Eltern und mich. Aber ein paar Tage später waren wir mit ihr reiten, als es ihr wieder besser ging. Darüber hat sie sich wahnsinnig gefreut, denn sie liebt Pferde.  Was in diesem Jahr neu für sie war und was ihr sehr gefallen hat: Im Kindergarten haben sie mit ihr gefeiert und für sie eine Krone gebastelt, auf der eine große 3 zu sehen war. Mit dieser Krone auf dem Kopf kam sie dann ganz stolz nach Hause.“

Tina streichelt ihrer Tochter, die in der einen Hand einen Malstift und in der anderen ihr Croissant hält, liebevoll über den Kopf. Dann über ihren Bauch. Es sind die letzten Wochen für Paulina ohne Geschwisterchen. Die Hand ihrer Mama lässt sie kaum los – nur wenn sie mal wieder ihren Bauch knuddelt und ihm einen Kuss gibt.

Ich: „Es dauert ja nicht mehr lange bis das Baby da ist. Wie sehen eure letzten Tage zu dritt aus?“

Tina: „Das stimmt, es dauert nicht mehr lang, dann sind wir zu viert. Ich freue mich total auf das Baby, versuche aber auch die letzten Tage mit Paulina allein zu genießen und nutzte jede freie Minute, um mit ihr Zeit zu verbringen und Dinge zu unternehmen – auch wenn wir einfach nur am Tisch sitzen und zusammen basteln. Sie genießt das sehr, das merke ich, auch weil sie momentan sehr an mir hängt. Es geht uns einfach darum, dass Markus und ich mit ihr diese Zeit verbringen und ihr unsere ganze Aufmerksamkeit geben. Denn ich weiß, dass sich ab der Geburt das wahrscheinlich ändern wird. Wir sind gespannt, wie sich unser Leben verändern wird.“

Ich: „Ist denn alles schon bereit für das Baby?“

Tina: „Ja, das Kinderzimmer steht und wartet darauf bewohnt zu werden. Trotzdem bestanden die letzten Wochen aus viel Vorbereitung. Paulinas großer Wunsch ist es seit neuestem ein Hochbett zu bekommen – das muss sie irgendwo im Kindergarten aufgeschnappt haben. Jetzt will sie auch eins haben. Un-be-dingt. Wir erklären ihr zwar, dass sie bald eine große Schwester ist und dass sie auch schon groß ist, aber dass ein Hochbett eben auch doch noch ein bisschen zu früh ist. Ich hoffe, damit kann sie erstmal leben. Wenn sie es aber nicht aus dem Kopf bekommt, wird es wohl darauf hinauslaufen, dass sie früher oder später doch ein Hochbett bekommt, die Madame.“ Tina kneift die Augen zusammen, kräuselt die Nase und zuckt mit den Schultern. Irgendwo habe ich diesen Blick heute schon einmal gesehen.

Ich: „Hast du Bedenken, dass sie auf das Baby eifersüchtig sein könnte?“

Tina: „Nein, ich denke nicht. Sie freut sich sehr und hilft mir bei allen Vorbereitungen. Sie würde dem Baby auch am liebsten all ihre Spielsachen und Kuscheltiere geben – auch ihre geliebte, selbstgenähte Schnecke, die in ihrem Bett liegt. Da muss ich sie schon bremsen. Für das Baby habe ich einfach eine neue Schnecke genäht.“

Paulina steht also in den Startlöchern und ist total im „Ich-bin-eine-große-Schwester-Feeling“, sagt Tina. So hilft Paulina ihrer Mama dabei, die Babywiege zu richten,  den Kinderwagen zu putzen oder auch das Kinderzimmer einzurichten. „Wenn wir zusammen im Kinderzimmer vom Baby stehen, dann stellt sie sich komplett schon auf ihre neue Rolle ein“, sagt Tina. So erklärt ihr Paulina dann, während sie vor Wiege steht, dass sie sich dann als „große Schwester“ um das Baby kümmert und es ja dann auch streicheln kann.

Apropos streicheln: Dass sich Paulina bereits mit ihrer verantwortungsvollen Rolle angefreundet hat, demonstrierte sie sogleich am Frühstückstisch. So ist bei diesem schönen Frühsommertag ein kleiner Gast nicht ganz so gut gelaunt. Paulina klettert von meinem Schoß und steuert schnurstracks auf den Kinderwagen zu: Sie streichelt das Knie des kleinen Jungen und sagt „Du brauchst nicht weinen.“

Es sind also nur noch wenige Tage bis das Baby da ist. Paulina genießt mit ihren Eltern die Ruhe vor dem Sturm – und das in vollen Zügen. Am liebsten jedoch im Freien, auf dem Spielplatz, im Sandkasten oder auch im kühlen Nass. „So, dann gehen wir Zwei mal“, sagt Tina zum Abschied. „Ins Planschbecken“, quietscht Paulina hinterher – und ich sehe sie nur Hand in Hand davon laufen.

Von Ann-Kathrin Weber 

Zur Autorin:

Redakteurin Ann-Kathrin Weber hat zwar selbst noch keine Kinder, schreibt aber besonders gern über Kinderthemen. Für StadtLandKind hat sie ihre Freundin Tina durch die Schwangerschaft begleitet und besucht Paulina und ihre Eltern einmal im Monat für uns.

 

15. Juni 2017
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