Samstag oder die Unerträglichkeiten eines Kinderlebens

Kinderleben

Das Aufheben eines Schokoladeneinwickelpapiers vor der Kinderzimmertür grenzt übrigens offensichtlich an Misshandlung.

Ein erfolgreiches Wochenende liegt hinter mir. Wieder einmal ist es mir gelungen, das Leben meiner Kinder an nur einem einzigen Samstag nachhaltig unerträglich zu gestalten.Kinderleben

9 Uhr: Tochter dazu aufgefordert, eine saubere Hose anzuziehen. Absolut unzumutbar. Schließlich ist es nicht ihr Problem, dass sie nur eine Lieblingshose hat und ich jene Hose nicht über Nacht gereinigt hätte.

10 Uhr: Sohn dazu aufgefordert, 135 Meter zum Supermarkt zu gehen. Grenzt an körperlicher Misshandlung. Eine Tüte Milch sei sehr schwer, der Rückweg ginge bergauf. Außerdem müsste er sich dazu 1. anziehen und 2. Zähne putzen. Um diese Uhrzeit – untragbar.

10:30 Uhr: Sohn aufgefordert, Vokabeln zu lernen.  Geht gar nicht.  Schließlich muss er sich jetzt erst mal anziehen und Zähne putzen.

13 Uhr: Beide Kinder dazu aufgefordert, ihre Hausaufgaben zu erledigen. Absurd, schließlich hätten sie gerade Hunger.

14:10 Uhr: Tochter dazu aufgefordert, ihr Zimmer aufzuräumen. Wie ich mir das vorstellen würde? Sie müsse jetzt erst mal Hausaufgaben machen. Das ginge schließlich nicht alles gleichzeitig.

15 Uhr: Beide Kinder dazu aufgefordert,  lose CDs, die Eigentum der Stadtbücherei sind zu suchen, und in die entsprechenden Hüllen einzusortieren, damit ich sie zurück zur Stadtbücherei bringen kann. Völlig hanebüchen. Keines der Kinder hat auch nur eine einzige dieser Kinder-CDs jemals gehört. Die sind ganz allein aus den Hüllen gerutscht und haben sich überall verteilt und dafür sind sie nun wirklich nicht verantwortlich. Ferner hätten sie gar keine Zeit, um CD zu hören, weil sie ununterbrochen aufräumen oder Hausaufgaben machen müssten.

16 Uhr: Die Erlaubnis, ob eine Freundin der Tochter, bei der Tochter übernachten darf, davon abhängig gemacht, ob das Zimmer in den nächsten 30 Minuten in einen betretbaren Zustand versetzt wird. Tochter fühlt sich erpresst. Erwägt, strafrechtliche Konsequenzen zu googeln.

17:25 Uhr: Beide Kinder dazu aufgefordert, Müll vom Fußboden aufzuheben. Fassungslose Blicke, ob dieser Zumutung. Keines der Kinder würde jemals auf die Ideee kommen, ein Schokoladenpapier zu Boden fallen zu lassen. Eigentlich lehnen beide Kinder Schokolade konsequent ab. Dass trotzdem ein Schokoladeneinwickelpapier vor einer Kinderzimmertür liegt, können sie sich nur so erklären, dass der Wind das Papier durchs Fenster geweht hat. (Sohn bietet aber an, sich eventuell später darum zu kümmern.)

19 Uhr: Tochter aufgefordert, die drei Möhrenstücke auf ihrem Teller  aufzuessen und das Ergebnis an die Austeilung von Nachtisch gekoppelt. Tochter sieht keinerlei Zusammenhang zwischen Möhre und Schokoladeneis und befürchtet ferner an Möhre ersticken zu können, was sie mit  lauten Würgegeräuschen nachhaltig unterstreicht.

20:30 Uhr: Der Tochter das Buch weggenommen und das Licht gelöscht. Tochter beruft sich erfolglos auf das Recht auf Eigentum der EU-Menschenrechtskonventionen.

21 Uhr: Sohn nach mehrmaliger Aufforderung und etwa 25 Mal „ja, gleich“ den Nintendo aus der Hand genommen und mitten in einem unglaublich wichtigen Online-Kampf ausgeschaltet. Damit endgültig das Leben des Kindes für immer unwiderruflich zerstört.

Und das große Finale:

21:10 Uhr: Im Rahmen des Gute-Nacht-Sage-Rituals beiläufig erwähnt, dass am Folgetag ein gemeinsamer Familienspaziergang geplant ist.
(shy)

13. März 2017

1 Kommentar

Rafaela Dejung

Es hat so gut getan zu lesen dass man nicht alleine ist Gerne öfter Vielen Dank

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