Meine beste Freundin, ihre Tochter und ich

TochterEs ist doch eigentlich ganz einfach: Kinder gehen automatisch aufeinander zu und suchen sich Spielgefährten, aus denen Freunde werden. Sie verstehen sich oft ohne Worte und es ist nicht wichtig, ob sie überhaupt dieselbe Sprache sprechen. Und in der nächsten Sekunde laufen sie Hand in Hand umher und sind unzertrennlich. „So kommen dann die Erwachsenen früher oder später auch ganz schnell miteinander ins Gespräch“, sagt Tina, die mir am Telefon vom Familienurlaub am Meer (Neid!) erzählt, von dem sie gerade zurückgekommen sind.

 

Derweil wartet Paulina, die ich im Hintergrund erzählen höre, ungeduldig darauf, dass Papa endlich die Apfelschnitze fertiggeschnitten hat. Jedes Mal, wenn er Tina einen reicht, höre ich Paulina vorwurfsvoll sagen: „Nein, nein, Papa“ und ich kann mir vorstellen, wie sie die Arme verschränkt.

 

Schon Wochen vor dem Urlaub gab es für Paulina nahezu kein anderes Gesprächsthema als „Meer“ und „Flugzeug“. Sie erzählte jedem, dass sie dort bald hinfährt bzw. fliegt. Aber das ist verständlich, schließlich ist Paulina zum ersten Mal geflogen – und dass sie eine kleine Wasserratte ist, ist mittlerweile ja auch schon bekannt.

 

Ich: „War sie vor dem Fliegen aufgeregt?“

 

Tina: „Ja, total. Alleine schon der große Flughafen, die vielen Tafeln und Lichter. Das war alles spannend für sie – es war ja schließlich ihr allererster Flug. Es war sogar so spannend für sie, dass sie keine Minute geschlafen hat. Man hätte ja etwas verpassen können.“

 

Wissbegierig und aufmerksam saß Paulina im Flugzeug. „Wenn wir noch am Boden ein Flugzeug im Himmel gesehen haben, dann haben wir nach oben gewunken“, sagt Tina. Klar, dass sie dann durch das Flugzeugfenster auch den Menschen auf der Erde zugewunken hatten.

 

Was macht man am Meer? Schwimmen natürlich. Und das am liebsten jeden Tag – mehrmals. Diesen Part hatte Markus liebend gern übernommen. So sah man die beiden nicht nur einmal durch die Wellen springen.

 

Tina: „Auch aus dem Kinderpool haben wir sie fast gar nicht mehr herausbekommen.“

 

Während Tina erzählt, schickt sie mir parallel passende Fotos, sodass ich quasi genau sehen kann, in welchem Pool sie besonders gerne war und wie der Strand genau aussah. Die Sache mit meinem Neid wird dadurch nicht gemildert, schließlich sitze ich dick eingepackt und mit einer dampfenden Tasse voll heißem Tee am Schreibtisch und telefoniere mit Tina – und der Sommer kommt mir auf einmal ganz weit weg vor.

 

Wenn Paulina aber doch mal aus dem Wasser draußen war, ging sie trotzdem nicht vom Strand weg. „Wir waren spazieren und haben Muscheln gesucht, aber keine gefunden“, sagt Tina. Und während die Kinder in Deutschland gerade dick in Handschuhen, Schal und Mützen eingepackt auf Feldern und Wiesen Drachen steigen lassen, so haben das Tina, Markus und Paulina einfach in kurzen Hosen am Strand gemacht.

 

Tina: „Wir haben unseren Drachen einfach mitgenommen und dort wieder ausgepackt. Das war wirklich schön und Paulina hatte großen Spaß daran.“

 

Überhaupt genoss Paulina die Zeit zu dritt und Mama und Papa einfach rund um die Uhr um sich herum zu haben. Bis auf 20 Minuten am Abend: Denn, wenn es Zeit für die „Mini-Disco“ des Hotels war, dann war Paulina, zu deren großen Hobbys ja das Tanzen gehört, ganz vorne mit dabei. Erste Reihe vor der Bühne sozusagen. Ist doch klar. Aber es wurde nicht nur gemeinsam getanzt, sondern auch gesungen.

 

Ich: „Und gibt es bei euch zu Hause nun auch jeden Abend eine Disco?“

 

Tina: „Hm, so ähnlich. Wir singen abends zusammen noch ein paar Lieder, wenn wir sie ins Bett bringen. Ein Ritual, das bei der „Mini-Disco“ immer zum Schluss gemacht wurde, haben wir aber tatsächlich übernommen, weil Paulina das so mag.“

 

So sitzen sie also gemeinsam in Paulinas Zimmer. Nach dem Singen lassen sie ein wenig Sand in ihre Hände rieseln, den sie dann gemeinsam auf ein Kommando gleichzeitig wegpusten. „Das ist für sie dann das Signal zum Schlafengehen. Sie sagt dann, dass das Sandmännchen kommen soll“, sagt Tina.

 

„Was?“, höre ich Paulina im Hintergrund sagen. Sie scheint ganz genau zuzuhören. Und beim Wort „Sandmännchen“ bekommt sie große Ohren.

 

Von der Strandidylle ging es für die kleine Familie dann wieder zurück in den schon ziemlich bitterkalten Alltag. Denn statt Strohhut trägt Paulina nun wieder eine Wollmütze und statt einer Strandtasche hatte sie vor Kurzem noch eine selbstgebastelte Laterne in der Hand. „Eigentlich hatte ich sie in der Hand. Denn Paulina war auf Markus’ Arm, weil sie beim Laternenumzug ein bisschen Angst vor den vielen Menschen im Dunkeln hatte“, sagt Tina und beißt genüsslich in einen Apfelschnitz, den Markus ihr reicht. Paulinas Laterne hatte dieses Jahr übrigens die Form eines Apfels – wie passend. „So hat also Markus unser Kind getragen und ich die Laterne“, erzählt Tina weiter.

 

„Das mag ich nicht“, höre ich Paulina sagen. Ich will gerade meine Frage formulieren, da kommt mir Tina zuvor.

 

Tina: „Ja, sie spricht jetzt schon immer mehr in ganzen Sätzen. Und erzählt und erzählt und erzählt … Es ist wirklich unglaublich. Jeden Tag kommt etwas Neues dazu.“

 

Paulina: „Maaaaammaa.“

 

Tina: „Jetzt wird sie ungeduldig. Ich muss gleich auflegen.“

 

Tina erklärt ihr, dass ich gerade am Telefon bin.  Ob sie sich auch von mir verabschieden möchte, fragt sie Paulina. Sie fackelt nicht lang, kommt ganz nah an den Hörer und sagt schmatzend „Tschüß, Anki“.  Ich könnte wetten, es gab gerade einen kleinen Apfelschnitz – oder vielleicht auch schon das erste Plätzchen.

 

Von Ann-Kathrin Weber 

Zur Autorin:

Redakteurin Ann-Kathrin Weber hat zwar selbst noch keine Kinder, schreibt aber besonders gern über Kinderthemen. Für StadtLandKind hat sie ihre Freundin Tina durch die Schwangerschaft begleitet und besucht ab sofort Baby Paulina und ihre Eltern einmal im Monat für uns.

15. November 2016
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