Ich hasse Völkerball. Völkerball ist das Letzte.

Ich hasse Völkerball. Ich bin quasi traumatisiert durch Völkerball. An nichts aus meiner Grundschulzeit erinnere ich mich besser als an den Sportunterricht, in dem wir gefühlt ununterbrochen Völkerball spielen mussten.
Problem Nummer eins: Ich habe Angst vor Bällen. Sowas spricht sich rum. Also war ich immer die erste, die den Ball an den Kopf bekam. In meiner Erinnerung war das mindestens ein großer Medizinball, aber da mag mich meine Erinnerung trügen.
Zweites Problem: Ich kann auch keine Bälle fangen. Logisch. Wer Angst vor Spinnen hat, setzt sich die Viecher ja auch nicht auf die Hand. Bälle fangen sollte man bei Völkerball aber können.
Drittes Problem: Ich kann auch keine Bälle werfen. Ich werfe, wie eine Zweijährige. Niemals ist es mir gelungen, auch nur ein einziges Mal irgendjemandem mit einem Ball abzuwerfen. Kurz gesagt: 97 Prozent des Völkerballspiels stand ich untätig und restlos verloren am Rand. Dass ich grundsätzlich die Letzte war, die unter Augenverdrehen in eine Mannschaft gewählt wurde, muss ich nicht erwähnen, oder? Es war nicht schön. Wirklich nicht. Und meine Grundschulerniedrigung ist jetzt wissenschaftlich erforscht. Es hätte dessen nicht bedurft, es hätte gereicht, mich zu fragen. Wirklich.

„Völkerball sei ein Mittel der Unterdrückung, erklärten kanadische Wissenschaftler laut Washington Post kürzlich während einer Fachkonferenz in Vancouver. Das Spiel gehöre auf den Index. Völkerball vermittle die Botschaft, dass es okay ist, den anderen zu verletzten und zu entmenschlichen, sage Joy Butler, Pädagogikprofessorin an der University of British Columbia, der Zeitung. Lehrkräfte sollten Kindern und Jugendlichen beibringen, Aggressionen zu kontrollieren. Völkerball fördere es aber vielmehr, sie an anderen auszuleben.“ Das schreibt die Süddeutsche Zeitung.
Von „legalisiertem Mobbing“ ist sogar die Rede.

Sehr schön. Völkerball auf den Index. Ich bin froh, dass das endlich passiert. Und wo wir schon mal dabei sind, ich fand auch Bockspringen immer sehr erniedrigend. Und ich erinnere mich an eine leicht übergewichtige Klassenkameradin, für die Rundenlauf der Horror war, weil ihre Oberschenkel aneinander rieben. Nicht zu vergessen später der Schwimmunterricht. Da hatte ein Mädchen schon in der fünften Klasse Brüste und hat sich fürchterlich geschämt. Ach, und dann das Turnen. Für die meisten Jungs ein Albtraum. Fußball geht auch gar nicht. Im Grunde sollte man alle Ballspiele besser abschaffen. Liegestützen? Maximal erniedrigend für die Hälfte aller Kinder in jeder Klasse. Sorry. Und schon mal dabei zugesehen, wie ein Kind an einem Seil hängt, wie ein nasser Sack und nicht einen Zentimeter hochkommt, während die GANZE Klasse zusieht und darauf wartet, dass es ENDLICH weitergeht?

Ich konnte übrigens immer super am Seil hochklettern. Ganz schnell. Und auch ganz gut rennen. Und in Klasse sieben hatten wir Mädchen dann alle Brüste und niemand hat sich mehr geschämt. Und die Jungs, die beim Turnen total albern aussahen, die konnten super Fußball spielen und das leicht übergewichtige Mädchen war übrigens ein Kracher im Völkerball.  Ich hatte regelmäßig Todesangst vor ihr. Und war sehr erleichtert, wenn das Spiel rum war und wir beide gemeinsam in die Pause gehen konnten. Wir waren nämlich Freundinnen. Trotz Völkerball. So viel zum Thema Mobbing. Also macht euch mal locker, bitte!

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