Postnatale Depression. Ein Bericht.

„Liebe Eltern, vor allem liebe Mamas.

Vor einiger Zeit habe ich hier die Verlosung eines Buchs mitbekommen, das mich sehr berührt hat. Es ging um die Schicksale von Müttern mit einer postnatalen Depression. Ich würde euch gern meine Geschichte erzählen, weil ich inzwischen glaube, dass fast jede zweite Mutter darunter leidet, es aber einfach nicht weiß. Die meisten schieben die komische Stimmung auf die große Müdigkeit in den ersten Monaten, auf die neue Situation mit dem Baby, Streit mit dem Partner usw. Ein Problem bei diesem Thema ist, dass viele Eltern denken, nur wer sein Kind nicht lieben kann, leidet daran. Aber ich denke, dass es zahllose Variationen gibt, wie sich eine postnatale Depression zeigen kann. Deshalb hier meine Geschichte:

Als mein Sohn zur Welt kam lag ich stundenlang in den Wehen. Es ging einfach nicht richtig voran. Er wurde dann per Kaiserschnitt geholt und ich konnte ihn erst 8 Stunden später stillen. Er war zu müde zum Trinken. Dann wollte es auch mit dem Stillen nicht klappen, erst hatte ich eine Brustentzündung und der Arzt musste mir mehrmals mit einer Nadel durch die blutig verkrusteten Brustwarzen stechen. Und: jedes Mal wenn mein Sohn trank, hätte ich heulen können. Es war so ein komisches Gefühl, als wär die ganze Welt plötzlich sinnlos geworden. Ohne Farben. Ohne Hoffnung. Später, zu Hause, wurde es dann auch mit meinem Mann schwierig. „Musst du denn ständig stillen?“, maulte er nachts, wenn ihn dann Baby aufweckte. Dann zog er aufs Sofa um. Ich hatte das Gefühl, ich sei für alles alleine verantwortlich und zuständig. Es war ein graues, fast schwarzes Gefühl, das mich umgab. Ich konnte mich dagegen überhaupt nicht wehren.

Nach der Geburt meiner Tochter (zwei Jahre später) war dieses dumpfe Gefühl zwar nicht so ausgeprägt – zum Glück klappte es auch sofort mit dem Stillen – aber dafür brach ich ständig in Tränen aus. Ich ging zum Kinderarzt, er fragte mich etwas, die Antwort war ein Tränenstrom. Ständig liefen mir die Tränen über das Gesicht. Ich Nachhinein denke ich, dass ich diese großen Ängste, die ich offenbar empfand, komplett auf die Kinder projiziert habe. Ich ging mit meinem dreijährigen Sohn zu einer Therapeutin, wegen IHM, von jetzt aus gesehen völlig ohne Grund. Damals machten mir die kleinsten Krisen die allergrößte Angst. Jeder kleine Streit im Sandkasten war für mich das Signal, dass etwas mit ihm nicht stimmt. Wenn er mal nicht so funktionierte … wurde ich total unruhig. Ich fühlte mich komplett ausgeliefert. Die Stunden bei der Therapeutin haben ihm bestimmt nicht geschadet, im Nachhinein wundere ich mich nur, dass die Therapeutin sich nicht gewundert hat: ich saß im Wartezimmer und weinte, weinte, weinte. Es war verrückt. Wenn mich jemand darauf ansprach, konnte ich keine Antwort geben. Ich hatte keine Antwort.

Mir selbst habe ich nie Hilfe gesucht. Es hat aber auch niemand zu mir gesagt: „Such dir Hilfe. Das ist doch nicht mehr normal.“ Zum Glück ist es jetzt besser, aber die Baby- und Kleinkindzeit meiner Kinder wurde davon überschattet und hat mir im Nachhinein viel wertvolle Zeit gestohlen, die nie mehr zurückkommt.

Und deshalb schreibe ich euch heute, liebe Mamas: Sucht euch Hilfe. Ihr seid völlig normal, egal wie ihr seid und wie euer Kind auf die Welt kam. Aber wenn dieses komische graue Gefühl und diese dumpfe Rat- und Antriebslosigkeit nicht wieder verschwindet, dann vertraut euch jemandem an.“

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